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INTERVIEW MIT FELIX MARTIN

Im Nachgang zur szenisch musikalischen Lesung von JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh, am 17. April 2023 im Berliner Renaissance Theater, hatte Leidenschaft Musical die Möglichkeit mit Felix Martin ein exklusives Interview zu führen.


Lieber Felix, am 17.04.2023 hast Du im Rahmen einer szenisch musikalischen Lesung das aus Deiner Feder stammende Stück JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh im Berliner Renaissance Theater einem ausgewählten Publikum vorgestellt. Dazu unseren Glückwunsch und ein Dankeschön, das Leidenschaft Musical bei dieser einmaligen und beeindruckenden Veranstaltung dabei sein durfte.
JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh eine Hommage an den unvergessenen Harald Juhnke. Einem genialen und außergewöhnlichem Entertainer und Menschen mit einer spannenden Lebensgeschichte, die an Höhen und Tiefen seines gleichen sucht.
Warum eine Hommage für Harald Juhnke? Kanntest Du ihn persönlich und was verbindet und fasziniert Dich an ihm?

Nein, persönlich habe ich Harald Juhnke leider nie kennengelernt, aber ich kenne seit 2015 seine Frau Susanne Juhnke.

Sie habe ich kennengelernt im Rahmen einer Hommage an Harald Juhnke im Berliner Wintergarten. Ich habe damals durch das Programm führen dürfen und viele seiner Weggefährten wie Judy Winter, Barbara Schöne, Rainer Schöne, Ilja Richter, Jaecky Schwarz, Ralf Wolter, Katja Ebstein, um hier nur einige zu nennen, auf der Bühne begrüßen dürfen.

Bei dieser Hommage an den großen Harald Juhnke waren aber auch junge Sängerkollegen wie z. B. David Hermelin dabei, die ihn verehrten.

An diesem Abend hatte sich jeder der Gäste ein Musikstück ausgesucht, das Harald Juhnke irgendwann in seiner Laufbahn als Schauspieler, Sänger und Entertainer und ihm somit die Ehre erwiesen haben.

Es wurden Geschichten von gemeinsamen Erlebnissen, Anekdoten aus Harald Juhnkes Leben präsentiert. All die Kollegen haben damit vor seinem Leben und Wirken den Hut gezogen und gesagt: Danke Harald Chapeau!

In Vorbereitung auf diesen Abend habe ich Susanne Juhnke kennengelernt. Es war mir wichtig, für diese Moderation gut vorbereitet zu sein. Im Laufe der Jahre ist dann daraus eine wirkliche Freundschaft entstanden.

Es war somit natürlich ein großer Wunsch von mir, das Susanne Juhnke an dem Abend unserer szenisch musikalischen Lesung zu JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh am 17.04.2023 mit dabei ist. Das war für mich dann auch sehr besonders.

Das ist es, was mich stark mit Juhnke verbindet.

Ich gebe aber auch zu, dass ich bereits als kleener Steppke fasziniert von seinen Sketchen war, den direkten ungeschönten Gags, seinen quatschigen Darbietungen. Er hatte etwas Besonderes, etwas einzigartiges, was kein anderer so darbieten konnte wie Harald Juhnke.

Aber die Faszination seines Entertainments hat nicht nur mich gefangen genommen, sondern ganz viele Menschen. Wenn man jemanden auf Harald Juhnke anspricht, geben die meisten zur Antwort, er war einzigartig, unnachahmlich und besonders. Mit all seinen Höhen und Tiefen ist Harald Juhnke noch heute der Inbegriff des Entertainers.


In der Show wird die Lebensgeschichte von Harald Juhnke beleuchtet und wichtige Lebensstationen erzählt. So ein Werk schafft man nicht in ein paar Wochen.
Wann kam Dir die Idee dazu und wie konntest Du Informationen zu Harald Juhnke erhalten, die es Dir ermöglichten, solch eine tolle Story zu kreieren?

Wie bereits erwähnt, habe ich 2015 diese Hommage an Harald Juhnke gemacht. Zu seinem 90. Geburtstag gab es die Idee, einen 2-teiligen Film über sein Leben zu machen. Das war 2019. Aber das blieb eine Idee.

Jahre später, in der Pandemie erinnerte ich mich wieder daran und überlegte mir, warum nicht selber etwas machen? Ich habe mich dann hingesetzt und überlegt, was würde „ich“ über Harald Juhnke schreiben, was würde „ich“ sehen wollen?

Ich habe mich in Recherchen vertieft, habe unzählige Bücher gelesen, YouTube durchforstet. Dann habe ich Kontakt zum RBB aufgenommen und Videos und DVDs aufgestöbert, die das Bild des Entertainers Harald Juhnke vervollständigten. Ich habe im Zeitungsarchiv recherchiert, Beiträge und Interviews in Zeitschriften wie z. B. im PLAYBOY oder Spiegel gelesen und sondiert. Es gibt da eine unglaubliche Menge an Material. Harald Juhnke war allseits präsent, in allen Medien gefragt und geliebt.

Um das gesehene und gelesene zu komplettieren, habe ich viele Gespräche mit Susanne Juhnke geführt. Sie alleine hatte wesentliche Hintergrundinformationen und konnte die notwendigen privaten und persönlichen Informationen geben. Dies alles zusammen hat mir, glaube ich, ein Gefühl für den Entertainer und Menschen Harald Juhnke gegeben. Ich sage auch heute nicht: „Ich kenne ihn!“

Das wäre für meine Begrifflichkeit anmaßend.

Ich denke aber zu verstehen, warum er so beliebt war bei seinem Publikum. Warum ihm sein Publikum immer wieder verzeihen konnte? Warum Harald Juhnke immer wieder bis zuletzt alles aufs Spiel setzte? Konkret gesagt: Wie kam es zu seinen Alkoholproblemen? Was war der Auslöser dafür? All diese Fragen können wir auch in dem Stück JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh nur beleuchten, aber nicht endgültig beantworten.

Was hatte er, was andere nicht hatten oder haben? Noch heute, 18 Jahre nach seinem Tod, ist Harald Juhnke ein Mensch, den man untrennbar mit Berlin verbindet. Er gehört zu Berlin wie die Gedächtniskirche oder der Berliner Fernsehturm. Das was er geschafft hat, haben nur sehr wenige geschafft. Sein Humor ist heute noch Präsent und gegenwärtig. Ein Mensch, der seine Volksnähe trotz seiner Prominenz immer behalten hat, der seinem Publikum immer ganz nah sein wollte und auch war.


Harald Juhnkes Leben war eine spannende Achterbahnfahrt, ein Auf und Ab, das einen gefangen nimmt und hinter jeder Ecke neue spannende Erkenntnisse bereithält. Trotz allem bleiben aber auch immer Fragen: Was hat ihn ausgemacht? Warum wurde er so geliebt, trotz aller Abstürze?


All dies habe ich versucht, in das Stück einzubetten, dem Publikum nahezubringen. Seine unzähligen Facetten herauszuarbeiten und den Menschen Harald Juhnke verständlich darzustellen.


Das Stück brilliert durch seine Vielfalt an Momenten, die Harald Juhnke von all seinen Seiten zeigt. Er war ein Entertainer Par excellance. Ist er schon immer ein Vorbild für Dich gewesen?

Ja, das stimmt, er war ein Entertainer Par excellance, aber vor allem war er ein Schauspieler, das Schauspiel war immer die Grundlage für ihn. Er war musikalisch, konnte singen. Er selbst hat einmal gesagt, den Entertainer spiele ich nur, er ist eine schauspielerische Leistung von mir.

Harald Juhnke hat dies so perfekt gemacht, dass der Zuschauer das Gefühl hatte: Juhnke, das ist unser deutscher Frank Sinatra. War er nicht, aber er war perfekt, ein grandioser Schauspieler. Das ist so spannend und genial. Sein ganzes Handeln basierte auf seinem Schauspiel.

Harald Juhnke ist in dieser Hinsicht ein Riesen Vorbild für mich, auch ich versuche in meiner Arbeit jegliches Handeln auf dem Schauspiel aufzubauen. Ob ich als Katze bei CATS auf der Bühne stand oder als Erzdiakon Frollo im DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME mein Unwesen trieb, immer ist erst das Schauspiel die Basis, auf der sich der Gesang aufbaut. Da gibt es für mich keinen Unterschied zwischen E und U.

So war es auch bei Harald Juhnke, er konnte das auch machen. Er sagte einmal: „Ich will vom Boulevard ins Feuilleton!“, das hat er letztendlich auch geschafft. Er ist auf den Sketchbühnen zu Hause gewesen, dann hat er aber auch Molière gespielt, Tenessy Williams. Er war in Falladas „Der Trinker“ im Film zu sehen.

Da stellt sich auch hier wieder die Frage, er hat das alles gewollt und geschafft. Er hat es genossen und dennoch immer wieder riskiert zu verlieren. Warum? Wir können es nicht sagen.


Harald Juhnke war ein großer Künstler und er hat mit den „Großen“ des Showgeschäftes auf der Bühne gestanden. Woran meinst Du lag es, dass die Kollegen und vor allem das Publikum ja fast die ganze Nation Harald Juhnke immer wieder aufgefangen haben, ihm seine Abstürze verziehen haben? Dieses Privileg wird nur sehr wenigen Künstlern gewährt. Ehrlich gesagt, ich kenne niemanden außer Harald Juhnke, dem so viel Nachsicht gewährt wurde.

Das ist die große Frage? Es muss wohl an seiner einzigartigen, authentischen Persönlichkeit gelegen haben. Er hat immer sehr offen über seine Probleme gesprochen. Er hat immer mit offenen Karten gespielt. Das ist es sicher, was auch gerade das Berliner Publikum so fasziniert hat. Der Juhnke war einer von Ihnen, ein Mensch, der Fehler gemacht hat und dann, wie der Berliner sagt, ohne viel Menkenke zu seinen Kapriolen und Fehlern offen gestanden hat. Er hat nie versucht, etwas zu beschönigen. Diese authentische Ehrlichkeit hat den Leuten imponiert, das machte ihn menschlich, nahbar. Eben einer von Ihnen.

Der Mensch verzeiht vieles, wenn er versteht, warum. In den 90 iger Jahren merkte aber auch Harald Juhnke das, was er riskierte, immer schwieriger wurde zu rechtfertigen. Es war nicht nur seine Karriere, die er riskierte, er riskierte mehr und mehr seine Gesundheit.

Aber auch hier war er anders als andere, er rappelte sich immer wieder auf, ohne großes Gejammer stand er immer wieder wie Phönix aus der „Flasche“, wie getitelt wurde, vor seinem Publikum und begeisterte seine Fans wieder in alter Manier. Je älter er wurde, desto schwieriger wurden allerdings seine Come-Backs. Seine großen Gaben, wie z. B. sein fotografisches Gedächtnis, das ihm das Textlernen zum Kinderspiel machte, ließen zusehends nach oder verschwanden ganz.

Immer und immer wieder kehrte er zurück, bis im Jahr 2000 der letzte große Absturz mit 10 Wodka und 8 Whisky so große Folgen hatte, das er nie wieder auf die Bühne und in die Öffentlichkeit zurückkehren konnte. Das ist, wie ich finde, auch die Tragik der ganzen Geschichte. Das war aber nicht seine eigene Tragik, besonders auch seine Familie, seine Frau Susanne und sein Sohn Oliver mussten damit fertig werden, was kein Leichtes war.


Zur szenisch musikalischen Lesung hattest Du wunderbare Kollegen und Kolleginnen, die in die verschiedenen Persönlichkeiten, die Harald Juhnkes Weg gesäumt haben, geschlüpft sind.
Wir fanden, sie waren perfekt dafür ausgesucht.

Ja, das war ein sehr tolles, glückliches Gefühl. Das Ensemble, das bei der musikalischen szenisch musikalischen Lesung auf der Bühne stand, war ein herausragendes Team, das sich in so kurzer Vorbereitungszeit mit soviel Engagement und Freude in das Thema gestürzt hat, um die vielen verschiedenen Charaktere (viele hatten nicht nur einen Charakter zu spielen) mit Leben zu erfüllen.

Ich bin allen dafür sehr dankbar.

Ein riesen Dank geht aber auch an die musikalische Betreuung durch Harry Ermer.

Harry hatte ein großartiges Trio dabei, die dem ganzen selbst nach nur zwei Tagen Probenzeit soviel Professionalität verliehen haben, das es so ein fantastischer Abend werden konnte und wir dem Publikum vorstellen konnten, was wir vorhaben und erreichen möchten. Dieser ganze Abend hat mich sehr glücklich und dankbar gemacht.

Einen gigantischen Anteil an diesem Abend hat der Galissas Theater Verlag Berlin.

Dem Galissas Theater Verlag und insbesondere Bettina Weyers, gilt mein besonderer Dank, das sie es ermöglicht hat, dies alles im Renaissancetheater Berlin vorstellen zu dürfen und das der Galissas Theaterverlag mein Stück in den Verlag aufgenommen hat und an eine Umsetzung glaubt.


Die szenische musikalische Lesung am 17. April 2023 in Berlin war der Beginn, um Dein Werk erstmals vorzustellen, erste Reaktionen und Reflektionen zu erhalten, auf dem Weg es auf die Bühne zu bringen.
Wie geht es nun weiter?
Was sind die nächsten Schritte oder gibt es bereits Pläne, wann wir dieses wunderbare Stück auf der Bühne sehen und Premiere feiern können?

Ich finde es super wichtig, dass man ein neues Stück einem Publikum präsentieren kann, die es zum ersten Mal hören und sehen. Dass man einen Eindruck vermitteln kann, wo es hingehen soll. Es gab im Anschluss so viele tolle Reaktionen, Anregungen und ja auch Kritik. Mir ist bewusst, dass das Stück bei unserer Lesung viel zu lang geraten war.

Da wird es Kürzungen geben. Dank der Kritiken ist mir nun aber klar, wo gekürzt werden muss oder was gegebenenfalls noch intensiver beleuchtet werden sollte.

Die nach der Show an das Publikum ausgegebenen Umfragezettel haben uns gezeigt, wo wir stehen. Neben Lob und berechtigter Kritik ist das Fazit der Umfragezettel eindeutig. Dieses Stück muss auf die Bühne, das sollen und müssen ganz viele Menschen sehen.

Es freut mich und das Team natürlich ungemein, das wir unser Ziel erreicht haben, das die Geschichte von um und mit Harald Juhnke so interessant, unterhaltsam, aber auch anrührend ist, das es die Menschen sehen wollen. Ich bin dem Publikum auch sehr dankbar, das sie sich im Anschluss an die Show die Zeit genommen haben und so offen und konstruktiv mit dem Gesehenen und Gehörtem auseinandergesetzt haben.

Die spannende Frage, wie geht es weiter mit JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh?

Es ist eine Uraufführung in Berlin geplant und die Zeichen dafür sehen sehr gut. Es gibt bereits Ideen und Angebote, wo dies sein wird.


Wird es ähnlich wie bei der szenisch musikalischen Lesung dabei bleiben, das es erzählte Episoden sein werden oder ist da ein großes Bühnenbild vorgesehen?

Bei unserer szenisch musikalischen Lesung hatten wir einen Erzähler, der wird bei der tatsächlichen Inszenierung nicht dabei sein. Das erzählte, wird sich dann durch die Inszenierung ziehen und die einzelnen Szenen schlüssig verbinden.

Dazu ist es notwendig, dass wir ein sehr flexibles Bühnenbild benötigen, da wir viele Standort- und Jahreszeitenwechsel haben. Das Stück umfasst einen Zeitraum von den 1940 iger Jahren bis ins Jahr 2000, da muss das Bühnenbild variabel sein. Auch die Kostümgestaltung wird noch ein spannendes Thema, umfasst der beleuchtete Zeitraum doch auch verschiedene Modetrends.

Eines steht fest, Berlin soll die Stadt sein, wo die Uraufführung stattfinden soll. Harald Juhnke ist Berlin und hier gehört es hin.

Es wird eine spannende Zeit, bis es so weit sein wird und es in Berlin wieder heißt JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh!


Lieber Felix, so viele Fragen und Antworten, die es nun noch viel aufregender machen, die endgültige Fassung so bald wie möglich live on Stage zu sehen. Wir wünschen Dir für die finale Umsetzung alles Gute und all die Unterstützung, die es erfordert, diesen Deinen Traum einem großen Publikum präsentieren zu können. Wir freuen uns schon bei der Premiere von JUHNKE - Barfuss oder Lackschuh zu sehen, wie dieses tolle Thema die Bretter, die die Welt bedeuten, erobert.

Lieber Felix, vielen Dank für Deine Zeit und die ausführliche Beantwortung unserer Fragen.

INTERVIEW MIT FELIX MARTIN

© Felix Martin

© Leidenschaft Musical - Ines Marquardt & Ramona Weiss

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